Wer die CO2-Abhängigkeit des Geschäftsmodells nicht adäquat berücksichtigt, über-schätzt potenziell seinen Unternehmenswert.
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ESG und CO2-Effizienz und Kaufpreisermittlung

Die Transformationsfähigkeit und der Grad des „grünen“ Geschäftsmodellumbaus („ESG-Readiness“) sind bisher häufig eher eine Nebenbedingung im M&A-Prozess. Sie werden nur teilweise im Kaufvertrag reflektiert. Dabei zeigen aktuelle Studien, dass ESG-Prozessfähigkeit und CO2-Effizienz sowohl die Unternehmensleistung als auch den Unternehmenswert positiv beeinflussen.

In einem aktuellen Beitrag der M&A Review (04/2024) legen wir dar, dass die CO2-Abhängigkeit des Geschäftsmodells – als ein wesentlicher (und hinreichend quantifizierbarer) Teilaspekt der ESG-Readiness – bewertet werden kann und sollte. Wir zeigen hier anhand einer Spedition auf, dass die Fortschreibung des Ist-Zustands zur Wertermittlung zu falschen Ergebnissen führt. Zudem visualisieren wir modellhaft anhand zweier beispielhafter Szenarien zukünftige Entwicklungspfade. Die nachhaltige Transformation des Geschäftsmodells und die zukünftige CO2-Effizienz (und ESG-Prozessfähigkeit) sollten Kaufpreis- oder Kaufvertragsbestandteil werden. Kaufpreiserhöhend sollten sich dabei Transformationsschritte auswirken, die bereits durchgeführt wurden oder angelegt sind.

CO2-Abhängigkeit des Geschäftsmodells bisher meist unberücksichtigt

Bewertungen auf Basis des Status Quo, insbesondere solche, die vereinfachend beispielsweise anhand von Ergebnis-Multiplikatoren vorgenommen werden, lassen eine etwaige CO2-Abhängigkeit des Geschäftsmodells oft unberücksichtigt. Der zunehmende Druck auf die Margen durch kontinuierlich steigende CO2-Preise sowie die CO2-abhängige Maut wird dabei schlicht ausgeblendet. Bei gleichzeitiger Fortschreibung des bisherigen Umsatzniveaus, , führt das zu einer Überschätzung des Unternehmenswertes aus Sicht der Käufer. Zudem vernachlässigt das die Erwartungen und Anstrengungen der Transformation zur Klimaneutralität der eigenen Kunden.

Modellage von Zukunftsszenarien am Beispiel einer Spedition 

Wir haben in unserem Artikel beispielhaft zwei unterschiedliche Zukunftsszenarien modelliert:

Erstens, das Fortführen der Geschäftstätigkeit auf konventionelle Art und Weise. Das führt aufgrund der Klimaziele der Bundesregierung zwangsläufig zu sinkenden Umsätzen und höheren Kosten. In der Folge führt es schließlich zu einem Herunterfahren des Geschäftsmodells („Ramp-down“).  

Zweitens haben wir alternativ beispielhaft den echten Umbau des Geschäftsmodells durch Investitionen in einen CO2-neutralen Fuhrpark mit eigener Ladeinfrastruktur modelliert.  Dabei haben wir die Erzeugungskapazität mit einhergehender Veränderung der Umsatz- und Kostenstrukturen („Transformation“) berücksichtigt.

Der „Status quo“ des Geschäftsmodells einer Spedition stellt den Ausgangspunkt der Überlegungen dar. Unter anderem aufgrund der Einführung der CO2-abhängigen Maut zum 01. Dezember 2023 für alle Nutzfahrzeuge über 7,5 Tonnen. Zudem berücksichtigten wir den beschlossenen Anstieg des CO2-Preises in 2024 und 2025 auf dem Weg der „grünen“ Transformation. Der Bereich Transport und Logistik ist – im Vergleich zu anderen Branchen – relativ vorgezeichnet und eignet sich daher gut für solche Modellrechnungen.

Hohe Investitionen führt zunächst zu niedrigem Cash Flow

Kurz- und mittelfristig zeigt sich, dass die notwendigen, hohen Investitionen in das Anlagevermögen zu niedrigeren Cash Flows im Vergleich zum „weiter so“ und zum Ramp-down-Szenario führen. Langfristig können durch Kostenvorteile und die Möglichkeit zur Ausweitung des Geschäfts jedoch im Vergleich deutlich höhere Cash Flows erzielt werden.  

Die betrachteten Szenarien zeigen, dass die Zukunftsaussichten und damit die Höhe des Unternehmenswertes überschätzt werden, wenn ein „weiter so“ auf Basis des Status quo modelliert wird. Ein so ermittelter Kaufpreis ist zu hoch. Dies gilt umso mehr, je umfangreicher die mit dem Transformationsprozess verbundenen Investitionen und Risiken durch den Käufer zu tragen sind. Umgekehrt: Je weiter ein Target auf dem Transformationspfad vorangeschritten ist, desto mehr dürfte der Erwerber auch bereit sein, dafür zu zahlen.

Die unverändert hohe regulatorische Dynamik und die bereits bekannte Pipeline ankommenden Vorgaben sollte in Wertsteigerungs- und Wertminderungspotenzialen berücksichtigt werden und ein Bestandteil der Kaufpreisfindung bei emissionsintensiven Unternehmen im M&A-Prozess werden. Wir empfehlen, die notwendige Transformation des Geschäftsmodells – ab Übernahme – besonders in emissionsintensiven Branchen exakt zu modellieren. Der Transformationsgrad und die ESG-Prozessfähigkeit des Zielunternehmens ist so nahezu konkret zu bepreisen.

Für weitere Informationen schauen Sie bitte auch in unseren Beitrag in der aktuellen Ausgabe der M&A-Review (04/24).

Der Beitrag wurde verfasst von unseren Experten Dr. Alexander Budzinski, Lukas Flick und Liz Sophie Brömmekamp.

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