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Umsatzsteuer

Anerkennung des Tankkartengeschäfts bei Betankungen im Ausland

Die Gestaltung von Betankungsvorgängen im Tankkartengeschäft als (atypisches ruhendes) Reihengeschäft wird zunehmend unter Berufung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache „Vega International“ vom 15. Mai 2019 (C-235/18) in verschiedenen Mitgliedstaaten angegriffen.

So wurde zuletzt bekannt, dass in Dänemark Spediteuren der Vorsteuerabzug aus Betankungsvorgängen mittels Tankkarte versagt wird. Die Begründung: Nach Auffassung der dänischen Finanzbehörde findet bei Nutzung einer Tankkarte eines Tankkartenemittenten, der nicht die Mineralölgesellschaft ist, eine Kraftstofflieferung im umsatzsteuerlichen Sinn nur zwischen der Mineralölgesellschaft und dem Spediteur statt. Dem Tankkartenemittenten wird die Rolle eines Kreditkartenunternehmens zugewiesen, das eine Finanzierungsleistung an den Spediteur erbringt.

In der Regel sehen die Vereinbarungen zwischen Mineralölgesellschaft und Tankkartenemittent sowie zwischen Tankkartenemittent und Spediteur jedoch etwas anderes vor, und zwar, dass der Tankkartenemittent Kraftstoffe „in der Strecke“ einkauft und verkauft. Aus diesem Grund stellt der Tankkartenemittent auch dem Spediteur eine Rechnung über Kraftstofflieferungen.

Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH werden nun die zugrundeliegenden Vertragsverhältnisse negiert. Das verkennt die Bedürfnisse des Tankkartengeschäfts! Denn die Mineralölgesellschaft müsste nun Rechnungen im umsatzsteuerlichen Sinn an die Spediteure ausstellen, wozu sie mangels Kenntnis der erforderlichen Daten des Spediteurs für die Rechnungstellung nicht in der Lage sein dürfte. Damit droht die grundsätzliche Versagung des Vorsteuerabzugs aus Kraftstoffbetankungen bei Spediteuren.

Der polnische Fiskus und die polnische Rechtsprechung sind verfahrensrechtlich schon einen Schritt weiter: Ohne Würdigung des zugrundeliegenden Sachverhalts stellen Finanzverwaltung und Rechtsprechung fest, dass der Tankkartenemittent eine reine Finanzierungsleistung erbringt. Dem EuGH wurde in der Rechtssache „P“ (C‑48/20) in diesem Zusammenhang nicht mehr die Frage nach der Würdigung des wirtschaftlichen Gehalts des Sachverhalts gestellt, sondern das Gericht wurde nur noch gefragt, ob es verfahrensrechtlich die Möglichkeit der Rechnungskorrektur für den Tankkartenemittenten geben muss, um die Neutralität der Mehrwertsteuer zu wahren.

Das hat der EuGH mit Urteil vom 18. März 2021 bejaht. In der Folge dürfte dieses Urteil dazu führen, dass sowohl Tankkartenemittenten als auch Mineralölgesellschaften in Polen aufgerufen sein dürften, ihre Rechnungen flächendeckend zu korrigieren. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand wird für alle Beteiligten immens sein! Eine Rechnungskorrektur kann nur dann unterbleiben, sofern der Tankkartenemittent nachweisen kann, dass ihm das Verfügungsrecht über die Waren wie einem Eigentümer zusteht und er damit ein aktiver Teilnehmer der Kraftstofflieferkette ist. Denn nur in diesen engen Grenzen wird das Kraftstoffliefergeschäft in Polen von den Finanzbehörden akzeptiert.  

Fazit

Sämtliche EU-Mitgliedstaaten, die das EuGH-Urteil in der Rechtssache „Vega International“ vom 15. Mai 2019 (C-235/18) bisher aktiv aufgegriffen haben, akzeptieren eine Kraftstofflieferkette, sofern der Tankkartenemittent das Verfügungsrecht über den Kraftstoff wie ein Eigentümer hat. Dies ergibt sich regelmäßig aus den entsprechenden Vertragsgrundlagen. Es ist daher empfehlenswert, die seitens der Tankkartenemittenten geschlossenen Verträge mit Lieferanten und Kunden diesbezüglich zu überprüfen.  

 

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