Zwei von Präsident Joe Biden unterzeichnete Gesetze haben Auswirkungen auf den Zugang zum US-amerikanischen Markt für europäische Automobilhersteller. Deutsche Unternehmen mit geschäftlichen Beziehungen in die USA sollten insbesondere die bilanzielle Behandlung der gesetzlichen Neuerungen sorgfältig prüfen.

Durch die neue Gesetzgebung unter US-Präsident Joe Biden, dem sogenannten Inflation Reduction Act, verändern sich die Marktvoraussetzungen in den USA für europäische Hersteller. Die Förderung der Produktion von Elektrofahrzeugen in den USA unter der Voraussetzung einer hohen Integration der Wertschöpfung bedeutet zukünftig für europäische Hersteller auf dem US-Markt nicht nur deutliche Wettbewerbsnachteile, sondern wird nach Expertenmeinungen den Standort USA bei den OEM und der Zulieferindustrie in den Fokus ihrer Investitionsaktivitäten in Produktionskapazitäten rücken. Von diesem strategischen Umdenken sind damit auch das lokale Berichtswesen und die steuerliche Betrachtung aus deutscher Perspektive betroffen.

Der Inflation Reduction Act (kurz: IRA) wurde im August 2022 vom US-Kongress verabschiedet. Das Gesetz enthält unter anderem Klima- und Energiebestimmungen und erweitert die Subventionen des Affordable Care Act (ACA). Es handelt sich um eine Form der Anreizfinanzierung, bei der US-Unternehmen Steuererleichterungen für Investitionen in sauberere Energie und für die Verlagerung ihrer Lieferketten in die USA erhalten. Die wichtigste steuerliche Auswirkung des IRA ist die Einführung einer alternativen Mindeststeuer (CAMT) von 15 Prozent für "bestimmte Unternehmen". Das Unternehmen zahlt dann den jeweils höheren Steuerbetrag aus dem Vergleich zwischen CAMT und regulärem Steuersystem.

Präsident Biden unterzeichnete am 9. August 2022 weiterhin den CHIPS and Science Act of 2022 (CHIPS Act). Der CHIPS Act stellt Ausgaben in Höhe von rund 280 Milliarden Dollar zur Verfügung, mit denen eine heimische Lieferkette für Halbleiterchips in den USA aufgebaut werden soll. Das Gesetz sieht außerdem Mittel für Subventionen und Darlehen für Halbleiterhersteller sowie Steuersubventionen für Investitionen in die Halbleiterfertigung vor.

Rechnungslegung und Anhangangaben

Durch die Anreizsysteme von IRA und CHIPS Act wird die Anzahl und Größe von Tochterunternehmen der Automobilbauer in den USA sehr wahrscheinlich zunehmen. Die dort anwendbaren Vorschriften, so auch Steuervergünstigungen oder Investitionsförderungen finden im Rahmen der Konsolidierung von Tochterunternehmen Eingang in die Konzernbuchhaltung und Rechnungslegung deutscher Automobilbauer.

Um seine US-Steuerrückstellung oder -verbindlichkeit zu ermitteln, ist zum Beispiel die Vergleichsrechnung nach dem CAMT-System vorzunehmen. Dagegen können sich Bilanzierung und Angaben über staatliche Beihilfen, die ein Unternehmen erhält, (zum Beispiel Realisationszeitpunkt, Ausweis und Angaben im Jahresabschluss) nach US-GAAP und nach deutschem Recht erheblich unterscheiden. Es gibt verschiedene staatliche Programme, die im Rahmen dieser Gesetze aufgelegt wurden, und jedes hat seine eigenen spezifischen Anforderungen, die sorgfältig geprüft werden müssen, um sowohl die Anspruchsberechtigung als auch die richtige buchhalterische Behandlung sowie den Zeitpunkt der Bilanzierbarkeit eventueller Ansprüche auf Förderungen festzustellen. Je nachdem, ob es sich um ein Darlehen, einen Zuschuss, eine Zahlung für Waren oder Dienstleistungen, einen Beitrag oder eine Einkommenssteuergutschrift handelt, können die Auswirkungen auf die Rechnungslegung unterschiedlich sein oder sind zumindest einer gründlichen Beurteilung zu unterziehen.

Beispielsweise wurden mit dem IRA eine Reihe von Steuergutschriften geschaffen, die unter bestimmten Umständen übertragbar sind. Während selbst die US-GAAP nicht darauf eingehen, wie ein Unternehmen, das ein nicht erstattungsfähiges, aber übertragbares Steuerguthaben generiert, die Möglichkeit der Übertragung des Guthabens bei der Festlegung der Bilanzierung berücksichtigen sollte, ist die Beurteilung ebenso fraglich, ob dieses steuerliche Guthaben nach handelsrechtlicher Betrachtung als Vermögensgegenstand behandelt werden kann, da es übertragbar, aber gleichzeitig nicht erstattungsfähig ist.

Die Rechnungslegung und Angaben eines Unternehmens über die staatliche Unterstützung hängen davon ab, wie diese zu qualifizieren ist. Die vom Gesetzgeber verwendeten Begriffe "Zuschuss" oder "Guthaben" können Anhaltspunkte für die Form der Unterstützung liefern, aber Unternehmen, die Beihilfen nach dem IRA oder dem CHIPS Act erhalten, müssen bei der Entscheidung über die Bilanzierung in ihrem Jahres- oder Konzernabschluss die genauen Bedingungen der Beihilfe berücksichtigen. Für deutsche Automobilbauer und Zulieferer oder andere Unternehmen außerhalb der USA stellt sich dabei jeweils die Frage nach der bilanziellen Behandlung oder den notwendigen Abschlussangaben der US Tochter sowie nach den entsprechenden Angaben im eigenen Konzernabschluss nach Handelsrecht oder IFRS.

Praxishinweis

Da es sich bei dem IRA originär um eine steuerliche Regelung handelt, sind insbesondere die steuerlichen Auswirkungen zu beachten. Dabei sollten aber nicht die Fragen der Bilanzierung vergessen werden. Stellen Sie frühzeitig im Rahmen der Abschlusserstellung sicher, dass die jeweilige staatliche Beihilfe eindeutig identifiziert wird und ihre Behandlung nach allen anwendbaren Rechnungslegungsnormen (US GAAP, IFRS oder HGB bzw. anderem lokalem Recht) beurteilt und eingeordnet wird.