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Umsatzsteuer aktuell

Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2020

Auch wenn das Jahr 2020 – insbesondere durch die zeitlich befristete Senkung des Umsatzsteuersatzes - bereits einige große Änderungen mit sich brachte, sieht der nun veröffentlichte Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz (JStG) 2020 des Bundesministeriums für Finanzen vom 17. Juli 2020 weitere wichtige Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer vor. Umsatzsteuerlich enthält der Entwurf größtenteils die Implementierung des auf Unionsebene beschlossenen Mehrwertsteuer-Digitalpakets im B2C-Bereich. Darüber hinaus enthält er auch noch weitere Änderungen, unter anderem die Umsetzung von Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und des Bundesfinanzhofes (BFH) sowie Klarstellungen des Gesetzgebers. Gerne möchten wir Ihnen im Folgenden die wesentlichen Änderungen des Referentenentwurfes kurz vorstellen:

Die wichtigen Änderungen des Umsatzsteuergesetzes im Einzelnen

  • Für Lieferungen über elektronische Schnittstellen von nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Lieferanten an Privatkunden fingiert das Gesetz künftig unter bestimmten Voraussetzungen eine Lieferkette zwischen Lieferant, Betreiber der elektronischen Schnittstelle und dem Kunden (§ 3 Absatz 3a Umsatzsteuergesetz (UStG)). Die Lieferung an den Betreiber ist dabei steuerfrei (§ 4 Nummer 4c UStG).

  • Der Gesetzgeber nimmt nochmals Änderungen an den Steuerbefreiungen im Bereich Gesundheit und Pflege vor (§ 4 Nummer 14, 16 UStG).

  • Die Steuerbefreiung für Leistungen an diplomatische Missionen, zwischenstaatliche Einrichtungen und Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags wird erweitert (§ 4 Nummer 7 UStG).
  • Das Reverse-Charge-Verfahren wird auf Telekommunikationsdienstleistungen an Wiederverkäufer erweitert (§ 13b UStG).
  • Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben soll kein rückwirkendes Ereignis darstellen (§ 14 UStG).
  • Der Gesetzgeber stellt klar, dass eine Änderung der Bemessungsgrundlage bei Preisnachlässen oder -erstattungen eines Unternehmers in einer Leistungskette an einen in dieser Leistungskette nicht unmittelbar nachfolgenden Abnehmer nur vorliegt, wenn der Leistungsbezug dieses Abnehmers im Rahmen der Leistungskette im Inland steuerpflichtig ist (§ 17 UStG).
  • Das MOSS-Verfahren wird um Lieferungen innerhalb eines Mitgliedstaates über eine elektronische Schnittstelle, innergemeinschaftliche Fernverkäufe und alle am Ort des Verbrauchs ausgeführten Dienstleistungen an Nichtunternehmer mit Sitz oder Wohnsitz im Gemeinschaftsgebiet erweitert (§ 18j UStG).
  • Entsprechend ändern sich auch die Vorschriften zum Versandhandel - neu: Fernverkauf (§ 3c UStG).
  • Das bisherige besondere Besteuerungsverfahren für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die elektronische Dienstleistungen erbringen, wird auf alle am Ort des Verbrauchs ausgeführten Dienstleistungen an Nichtunternehmer mit Sitz oder Wohnsitz im Gemeinschaftsgebiet ausgedehnt (§ 18i UStG).
  • Der Gesetzgeber führt für Fernverkäufe von Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert bis 150 Euro aus dem Drittlandsgebiet den neuen Import-One-Stop-Shop (IOSS) ein (§§ 18k, 21a UStG).

Fazit

Die Gesetzesänderungen betreffen durch die Umsetzung des Mehrwertsteuer-Digitalpakets überwiegend im B2C-Bereich tätige Unternehmen. Mit der damit einhergehenden Erweiterung des MOSS-Verfahrens auf grenzüberschreitenden Lieferungen an Privatkunden sollte sich hierbei insbesondere der Versandhandel rechtzeitig auf die Änderungen einstellen. ERP- und Abrechnungssysteme sollten entsprechend umgestellt werden. Aufgrund des Wegfalls von Registrierungspflichten im Ausland bieten die Änderungen jedoch auch Erleichterungen.

Durch die Klarstellung, dass eine Rechnungsberichtigung kein rückwirkendes Ereignis darstellt, bezieht das Bundesministerium der Finanzen (BMF) Stellung zur Rechtsprechung des EuGH und des BFH zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung. Es bleibt zu hoffen, dass der bereits vorliegende Entwurf eines BMF-Schreibens zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung ebenfalls zeitnah zum Inkrafttreten des JStG 2020 veröffentlicht wird.